„Die fünf Erinnerungen“ – Zen Praxis beim Essen
Es war der berühmte Zen Meister Dogen, der in Japan im 13.Jahrhundert das Thema „Zen und Ernährung“ in der Vordergrund rückte. Seiner Meinung nach sollte jeder Zen Meister zumindest eine Zeitlang die Funktion des Tenzos, des Klosterkochs, innehaben. Denn Kochen sei eine der besten Zen Übungen überhaupt. Der Tenzo sollte seine Arbeit mit einer bestimmten Einstellung und Gesinnung und entsprechender Achtsamkeit ausführen.
Dies galt auch für den Bekochten. Die „Fünf Erinnerungen“ bzw. „Fünf Kontemplationen“ werden auch heute noch in vielen Zen Klöstern vor dem Essen rezitiert oder aufgesagt. Dogen übernahm diese von der chinesischen Chan-Kultur, wo erstmalig das Rezitieren der 5 Erinnerungen fester Bestandteil des Klosterlebens war. Man sah dies als Gelegenheit, die eigenen Taten und die Glaubenspraxis zu überprüfen.
„Beherrscht man die Praxis der Fünf Kontemplationen, bringt man selbst Gold zum Schmelzen. Hängt das Herz an Vergangenem, Gegenwärtigem und Zukünftigem, so ist selbst Wasser schwer verdaulich.“ (buddh. Lehrsatz)
Auch im heutigen Alltag sind die 5 Erinnerungen mehr als bereichernd.
(1) „Ich denke daran, woher die Speise kommt und wie viel Arbeit damit verbunden war.“
Hier geht es um das Thema Dankbarkeit: „Ich betrachte das Gemüse auf meinem Teller und gehe im Geiste nach, was alles notwendig war, damit ich heute essen darf. Es wurde gesät, ist mit jedem Tag ein Stückchen gewachsen, war jedem Wetter ausgesetzt, wurde geerntet und verpackt, mit dem LKW oder sogar Schiff in ein Lager gebracht, wurde dort gewaschen, verpackt und weiter in ein Geschäft geliefert, in dem ich es dann schließlich gekauft und später zu Hause mit Sorgfalt zubereitet habe.“
Durch diese Übung betrachtet man die Nahrungsmittel bewusster und empfindet Dankbarkeit und Respekt. Vielleicht verändert es auch von Manchem die Essgewohnheit, denn bewusst essen bedeutet auch sich vor Augen zu halten und zu akzeptieren, was mit den Nahrungsmitteln (auch Tiere) und den Menschen die damit zu tun haben, geschieht.
(2) „Beim Empfang des Essens ist mir mein eigenes Handeln bewusst.“
Diese Erinnerung hilft uns dabei das eigene Verhalten zu reflektieren. Was sinngemäß bedeutet, dass man darüber nachdenken soll, was ich heute Gutes getan habe, damit ich mir mein Essen oder sogar eine zweite Portion verdient habe?
(3) „Ich achte darauf, nicht zerstreut oder gierig zu sein.“
Gier gilt bei Buddhisten als eines der Geistesgifte, die es zu überwinden gilt. Wenn man isst, dann isst man – und das bewusst und voller Achtsamkeit. Man lässt sich nicht von zerstreuten Gedanken (z.B. was heute noch alles zu tun ist) und Gier (Gedanken an eine zweite Portion, Nachtisch) vom Essen ablenken, sondern schenkt stattdessen den Menschen, die mit am Tisch sitzen Aufmerksamkeit
(4.) „Ich schätze dieses Essen, weil es Körper und Geist gesund erhält.“
Essen ist Medizin für den Körper und stärkt diesen. „Ich esse bewusst und fühle richtig, wie jede einzelne Komponente meiner Mahlzeit meinen Körper und Geist stärkt. Essen ist viel mehr, als einfach den Hunger zu stillen, es hält uns vital und gesund.“ Der Meditierende macht sich bewusst, dass ohne einen starken Körper kein geistiges Training möglich ist.
(5)„Ich empfange diese Gabe, um allen Wesen zu nutzen.“
Sich bewusst sein, dass mir das Essen auf dem Weg der Erleuchtung hilft und ich dadurch auch allen anderen Wesen helfen kann. Denn im Zen sagt man: „Auf mich selbst achtend, achte ich auf die anderen, auf die anderen achtend, achte ich auf mich selbst.“
Darüber hinaus gibt es noch mehr Verhaltensregeln, die v.a. im Kloster Anwendung finden. Sie erinnern zum Teil an das, was man gemeinhin als Benimmregeln in Zusammenhang mit dem Essen kennt:
- Keine Geräusche machen
- Hand vor den Mund halten, wenn man Essensreste zwischen den Zähnen entfernt
- Nicht mit vollem Mund sprechen (oder schweigen)
- Ruhige Körperhaltung
Durch das Einhalten der 5 Erinnerungen wird jede Mahlzeit zu einem Zen Ritual. Essen voller Bewusstsein, Dankbarkeit und Achtsamkeit.